sheriff walt longmire, irgendwo da draußen

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Quelle: pixabay

zu den Büchern & mehr

»Bob Barnes sagt, sie haben draußen im BLM-Gebiet eine Leiche gefunden. Er ist auf Leitung eins.«
Vielleicht hatte sie angeklopft, aber ich hatte sie nicht gehört, weil ich dabei war, die Gänse zu beobachten. Im Herbst, wenn die Tage kürzer werden und sich an den felsigen Ufern des Clear Creek Eis bildet, beobachte ich die Gänse oft. Das Sheriffsbüro ist in unserem County ein altes Carnegie-Gebäude. Mein Department hat es geerbt, als die Absaroka County Library so viele Bücher hatte, dass sie umziehen musste. …
Mir gehört das große Büro im südlichen Erker, von dem aus ich einen ungehinderten Blick auf die Bighorn Mountains zu meiner Rechten und das Powder River Valley zur Linken habe. Die Gänse fliegen durch das Tal nach Süden, mit dem Rücken zu mir, und für gewöhnlich sitze ich mit dem Stuhl zum Fenster. Aber gelegentlich werde ich mit umgedrehtem Stuhl erwischt. In letzter Zeit scheint das immer öfter vorzukommen. …

»Hat er sich betrunken angehört?« …
Er hörte sich nicht besonders besoffen an, aber bei einem Profisäufer wie Bob Barnes konnte man das nie genau wissen. …
»Wo ist Vic?« …
»Ich werde jedenfalls nicht die 137 langfahren, um mir tote Schafe anzuschauen.«
»Vic ist ein Stück die Straße runter, regelt den Verkehr.«
»Wir habe doch nur eine Straße hier. Wozu macht sie das?«
»Wegen der Elektronik für die Weihnachtsdekoration.« …
Jetzt hatte ich die Wahl: Ich konnte entweder auf die 137 hinausfahren, Bier trinken und mir zusammen mit einem betrunkenen Bob Barnes und seinem dümmlichen Sohn tote Schafe anschauen, oder ich konnte den Verkehr regeln und Vic die Gelegenheit geben, mit zu zeigen, wie genervt sie von mir war.

aus: Bittere Wahrheiten

Der letzte Sheriff

Willkommen im Wilden Westen – oder was davon übrig geblieben ist. Irgendwo in Wyoming im Absaroka County (das findet ihr nicht auf der Landkarte!) sorgt Sheriff Walt Longmire für Recht und Ordnung. Er befehligt ein kleines Team von Polizeikräften, das sich in den Weiten des Landes fast verliert. Natürlich fahren sie alle mit der Waffe einsatzbereit am Gürtel in einem prächtigen, riesigen 4WD herum.

… wir sind immerhin in den 90er bzw. 00er Jahren – und darüber hinaus! Doch außer modernen Waffen, modernen Autos und viel Elektronik hat sich nicht allzu viel verändert. Die Menschen hocken auf ihrem Land und verteidigen sich und alles um sie herum bis aufs Blut. Walt und sein Team können sich über mangelnde Arbeit nicht beklagen.

Mir gefallen diese modernen Wild-West-Stories, denn sie sind eine spezielle Art von Kriminalroman, obwohl es manchmal wirklich harter Tobak ist, mit dem man konfrontiert wird. Recht und Ordnung bedeutet nicht immer, dass der Sheriff und sein Team alles aufklären und die Schuldigen hinter Gitter bringen. Oft … wird vermeintliche Gerechtigkeit von den Beteiligten selbst ausgeübt, was dann zu noch mehr schmutziger Arbeit für Walt führt. Es ist immer noch so, ganz alltäglich, dass jeder eine Waffe besitzt und erst einmal schießt, bevor Fragen gestellt werden. Jeder hält das für sein ganz natürliches Recht. Armer Walt … armes Team!

Natürlich gibt es hier in Wyoming auch ein Indianerreservat, die Heimat eines Indianerstammes, und natürlich gibt es immer irgendwie Ärger. Die Indianer von heute haben ihre eigenen Interessen und sehen ihre eigenen Geschäftsinteressen, Kriminalität eingeschlossen. Es gibt eine Stammespolizei – und Walt ist machtlos, sobald er die Reservation betritt.

Andererseits gehört aber auch einer von Walts besten Freunden, Henry Standing Bear, zu den ansässigen Indianern. Er betreibt eine Bar. Beide waren zusammen in Vietnam, als die USA dort ihren Krieg führten … Walt verlässt sich immer auf Henry – und Henry verlässt sich auf Walt.

Walt war verheiratet. Seine Frau Martha starb und das Rätsel um ihren Tod (missglückter Raubüberfall oder Totschlag oder Mord) macht den Leser von Roman zu Roman neugieriger. Am Ende stellt sich heraus, dass eine ziemliche Schweinerei abgelaufen ist, die im Nachhinein Walts bestem Freund Henry fast das Genick bricht.

Das Leben ist für Walt nach dem Tod seiner Frau nicht einfach. Er lebt einsam in einem mehr oder weniger baufälligen Haus und kann sich nicht dazu aufraffen, grundlegende Renovierungsarbeiten anzugehen. Niemand kann ihn aus seiner privaten Hölle retten … erst wenn um ihn herum Verbrechen geschehen und sich plötzlich Leichen stapeln, scheint Walt wieder Licht am Ende des Tunnels zu sehen.

Er hat auch eine Tochter, Cady, die Jura studiert hat und sich viele Sorgen um ihren Vater macht. Doch das Leben geht weiter und Walts Tochter heiratet schließlich und wird Mutter, was Walt zum Großvater macht.

Eine seiner Stellvertreterinnen ist Vic Moretti, mit der Walt eine Affäre hat … während gleichzeitig Vics Bruder Cadys Ehemann (also Walts Schwiegersohn) wird. Familienprobleme? Bis jetzt nicht.

Walt hat große Probleme mit dem Älterwerden (mein Eindruck). Er ist immer scharf darauf, – manchmal absurde – Risiken einzugehen, wie zum Beispiel mitten im Winter während eines Schneesturms ohne ausreichenden Schutz gegen die Kälte in den Bergen zu bleiben. (Gott sei Dank gibt es Henry, der immer zur Stelle ist, wenn es ernst wird.) Jeder Roman lebt von seinen Abenteuern in der Natur und dem Kampf mit den Elementen. Er wird oft verletzt, durchaus schwer verletzt, erholt sich aber schnell wieder – bereit für seinen nächsten Ausflug in die Gefahr.

Sucht er absichtlich nach lebensbedrohlichen Situationen? Liegt es an seinem Alter oder daran, dass er seine geliebte Frau so sehr vermisst? Es scheint, dass weder seine Tochter, die er anbetet, noch sein Enkelkind, noch Freunde wie Henry oder eine Geliebte wie Vic sein Leben lebenswert machen können. Für die Leser der Romane bedeutet dies natürlich, dass weiterhin Spannung garantiert ist – in dieser Eindamen und leeren Weite von Wyoming.

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a faint cold fear thrills through my veins ... william shakespeare