oliver und pia, die taunus-bullen

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Henning zog die Handschuhe aus, setzte seine Brille ab und polierte die Gläser mit einem Brillenputztuch. »Da unten liegen mindestens zwei Leichen. Die eine ist vom Hund leider angefressen worden, aber die andere scheint noch recht gut erhalten zu sein.«
»
Zwei Leichen?« Pia wechselte einen besorgten Blick mit ihrem Chef, der offensichtlich dasselbe dachte wie sie. Vor drei Jahren hatte die Tochter eines verstorbenen Mannes in Schwalbach eine grausige Entdeckung gemacht. Nach dem Tod des Vaters hatte sie gemeinsam mit ihrem Mann eine angemietete Garage ausgeräumt, dabei waren sie auf ein Fass voller Leichenteile gestoßen. Der Fall hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt, denn der Mann, der über vierzig Jahre lang ein perfektes Doppelleben geführt hatte, stand für mindestens fünf brutale Morde als Täter fest; vier weitere ungeklärte Vermisstenfälle könnten auf sein Konto gehen, was aber bisher nicht zweifelsfrei nachgewiesen worden war.
»Hoffentlich entwickelt sich das hier nicht zu einem zweiten Hessen-Ripper-Fall«, sagte Bodenstein.
»Das hoffe ich allerdings auch nicht«, erwiderte Pia, aber natürlich hatte sie die Befürchtung, dass sie weder die Leichen identifizieren noch jemanden zur Rechenschaft ziehen konnten, weil der Täter verstorben war und seine Geheimnisse mit ins Grab genommen hatte. Der Albtraum eines jeden Ermittlers.
»Vielleicht war hier ja früher mal ein Familienfriedhof«, äußerte sie eine schwache Hoffnung. …
»Negativ.« Henning nickte dem jungen Mann, der ihm eine Becher mit dampfendem Kaffee reichte, zu. »Es sei denn, sie haben früher ihre Toten in Folie gewickelt, statt sie in Särgen zu bestatten.«

aus: Muttertag

Abgründe im Taunus

Der Taunus ist eine schöne, ruhige, Erholung versprechende Landschaft mit grünen Wäldern, Wiesen und Feldern, kleinen Dörfern mit malerischen Fachwerkhäusern … die Oase der Metropole Frankfurt, das begehrte Wohnziel aller, die es sich leisten können. Umso erstaunlicher, dass in dieser Idylle Mordserien an der Tagesordnung sind. Kriminalbeamte, die im Taunus Dienst tun, merken schnell, dass es sich um alles andere als einen ruhigen Job handelt – vor allem, wenn sie aus der Metropole Frankfurt kommend ins ländliche Hofheim wechseln.

Oliver von Bodenstein und Pia Kirchhoff treffen in der Mordkommission in Hofheim aufeinander. Die Abteilung K11 bearbeitet Gewalt-, Brand- und Waffendelikte (lt. Recherchen). Die Abteilung ist recht klein, weil eigentlich nicht damit zu rechnen ist, dass mitten im ländlichen Umfeld viel Böses passiert. Als sich die beiden begegnen, ist Pia Ende dreißig und Oliver Anfang vierzig. Die Romane decken einen Zeitraum von mehr als ein Dutzend Jahren ab, beide altern entsprechend und sind mittlerweile in ihren 50ern – und ihr Privatleben nimmt in all diesen Jahren Fahrt auf und wird zunehmend komplexer. Dies bedeutet allerdings nicht, dass sich die beiden näher kommen …

In den Jahren gibt es viele Fälle, die beiden unter die Haut gehen: Menschen töten, nehmen Rache, quälen ihre Opfer, finden Befriedigung in tödlichen Spielchen. Die Opfer sind jung, alt, Männer, Frauen und Kinder, unschuldig oder aber auch gar nicht so unschuldig, wie es auf den ersten Blick scheint. Es passiert vieles, was für Schlagzeilen sorgt und was niemand erst einmal in einer solchen Gegend vermuten würde, unabhängig davon, ob es sich um wohlhabende oder gar reiche Familien handelt oder Schuldenberge den Handlungsspielraum einschränken. Beide haben an den Fällen und den Schicksalen der Beteiligten zu knabbern.

Aber kommen wir erst einmal zurück zu den beiden Bullen.

Pia Kirchhoff war mit dem Pathologen der Serie (Henning Kirchoff) verheiratet. Nach der Scheidung lebt sie allein, bis sie einen neuen Partner findet, heiratet und fortan den Namen Sander trägt. (Soviel zu dem Thema Kirchhoff/Sander.) Ihr Mann bringt eine erwachsene Tochter mit in die Ehe und spielt auch in den Mordfällen eine Rolle. Sie hat eine Schwester mit dunklen Geheimnissen, die als Psychologin/Psychiaterin mit Kriminellen arbeitet und auch dann und wann ihren Beitrag zu einem Fall liefert. Pia hat also eine Menge Familien- und Beziehungsschlamassel am Hals – und krankt auch immer noch einer Jahre zurück liegenden Vergewaltigung.

Oliver von Bodenstein ist von Adel und wohlhabend. Zu Beginn ist er glücklich verheiratet mit zwei halbwüchsigen Kindern, dann kommt ungeplant ein drittes Kind, ein Nachzügler, dann eine Scheidung, dann eine neue Liebe und Ehe und die Kinder der zweiten Frau: Oliver findet sich in einer neu-klassischen Patchwork-Familie wieder. Natürlich sind auch seine Familienmitglieder ab und zu verstrickt in die Mordfälle, in denen er ermittelt. Auch hier gibt es ein Familien- und Beziehungsschlamassel – und Oliver erlebt in einem Fall, dass ihn ein Drama aus seiner Kindheit/Jugendzeit einholt.

Kurz: Die Entwicklung der Familiensituation von beiden Hauptfiguren nimmt in den Romane Platz ein und hat auch ihren Einfluss auf die Arbeit der beiden.

Oliver ist eher zurückhaltend, abwartend und denkt nach, bevor er aktiv wird. Pia ist total spontan und prescht immer vor. Ihr ist es gleichgültig, ob sie andere, ob Zeugen, ob Opfer, ob Kollegen, verprellt. Zusammen sind sie ein gutes Team, obwohl es nicht immer harmonisch abläuft. Oliver nehmen die Mordfälle mit; er nimmt eine Auszeit und denkt darüber nach, ob er die Polizei verlassen soll. Pia vertritt ihn derweil auf seinem Chefposten. Auch sie schaltet mittlerweile einen Gang zurück. Die Jahre und die Fälle haben bei beiden ihre Spuren hinterlassen – nicht zu vergessen die privaten Entwicklung und Verwicklungen.

Zum Team gehört natürlich ein Datenfreak, ein kleiner Nerd, der sich mit Notebooks und Handies auskennt und ein wahres Genie der Recherche ist. Hinzu kommt schließlich auch noch ein Kollege mit Migrationshintergrund und weitere … Das Team in Hofheim wächst langsam. Natürlich gibt es auch noch einen Chef, der (wie heute üblich) eine Chefin ist und immer die politischen Implikationen im Blick hat – und natürlich das Budget hütet. (Die Chefin wird auch irgendwann Teil von Pias Großfamilie …)

Charakteristisch für die Fälle ist ihre Komplexität. Es ist nicht nur ein einfacher Mord und vielleicht noch ein weiterer Mord. Der Auslöser für Geschehnisse liegt immer in der Vergangenheit. Vergangenheit kann ein paar Jahre bedeuten oder ein paar Jahrzehnte. Familienfehden lassen die Nachkommen nicht zur Ruhe kommen. Rache spielt oft eine entscheidende Rolle, wobei es immer intensiver Nachforschungen bedarf, um die Wahrheit ans Licht zu bringen.

Charakteristisch ist auch, dass die Fälle immer in der Mittelschicht bzw. gehobenen Mittelschicht spielen. Lassen wir die Adligen mal außer acht … Man spielt Golf, man hält Reitpferde, man besitzt hübsche Häuser …, aber immer ist da irgendwo ein dunkles Geheimnis, dass die schöne Fassade erst bröckeln und schließlich einstürzen lässt.

Dies alles ist eingebettet in weitere Verbrechen: Kindesmissbrauch, Vergewaltigung, Betrug, Bigamie, Bestechung, Erpressung, Korruption … Oliver und Pia stapfen immer wieder durch einen Sumpf von Lügen und brutalen Ereignissen – und werden selbst manchmal hineingezogen. Es ist gefährlich, ein Polizist im Taunus zu sein. Denn die Verbrechen führen letztendlich immer wieder zu riskanten Aktionen seitens des Täters, wenn kein Ausweg mehr vorhanden zu sein scheint. Speziell Pia macht außerdem oft Alleingänge, die zwar – fast immer – erfolgreich, aber auch lebensgefährlich sind.

Kurz: Es gibt nicht nur Einblicke in die deutsche Provinz, die deutsche Mittelschicht und Familientragödien, sondern auch Spannung und Action sind immer mit von der Partie.

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a faint cold fear thrills through my veins ... william shakespeare