luther, london

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Quelle: pixabay

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Luther lehnt sich an die Wand und blättert in der Akte. Sieht Verhaftungsprotokolle, Fahndungsfotos, Überwachungsberichte.
Auf den ersten Seiten findet er die Kids, die verhaftet, in Untersuchungshaft genommen und wieder freigelassen wurden, weil sie Bill Tanner belästigt haben: Pack mit toten Augen, englischer White Trash.
Unter den Verhaftungsprotokollen befinden sich detailliertere Berichte über Lee Kidman, Barry Tonga und ihren Boss Julian Crouch.
Luther steckt den Ordner in eine Tragetasche und schaut auf seine Uhr.
Es ist schon spät. Er denkt daran, nach Hause zu gehen. Aber was hätte das für einen Sinn? Er denkt an die Toten und kann nicht schlafen. Er liegt da und köchelt wie ein Stern, der kurz vor der Explosion steht.
Also fährt er zu Crouchs Haus, ein Stadthaus mit Blick auf Highbury Fields.
Er parkt und setzt sich ans Steuer. Er fragt sich, was er Julian Crouch antun wird und wie er damit durchkommen wird.

aus “The Calling: A John Luther Novel” (eigene Übersetzung)

Ein Fest der Gewalt

Ein Mann rennt und stolpert durch eine verfallene Fabrik. Luther ist ihm auf den Fersen. Er will … was will er? Der Mann hat einen Teenager entführt und sie in einer Kiste eingeschlossen, ohne viel Luft zum Atmen. Es scheint nicht das erste Opfer zu sein, das der Mann gequält und zum Sterben zurückgelassen hat. Luther weiß mehr darüber, als ihm lieb ist, und diesmal will er das Mädchen finden – lebend. Seine Kollegen sind im Haus des Mannes und durchsuchen es – bisher ohne Erfolg.

Der Mann stellt sich Luther entgegen, greift ihn an und stürzt ab, wobei er sich gerade noch an einer Stange festhalten kann – nun baumelt er einige Dutzend Meter über dem Boden. Luther bedrängt ihn und bekommt schließlich die entscheidenden Informationen; seine Kollegen können das Leben des Opfers retten – Ende gut, alles gut? Nein. Luther reicht dem Mann nicht seine Hand und zieht ihn hoch, sondern bewegt langsam seinen Fuß … auf die Hände zu … die Finger rutschen ab und der Mann stürzt zu Boden.

Ganz kurz: Es gibt keine Zeugen. So kann Luther kurze Zeit später seine Arbeit als Detective Chief Inspector in London wieder aufnehmen. Doch leider ist der “Mann” nicht tot, sondern liegt nur nur im Koma. Er liegt regungslos in einem Bett in einer Klinik. Irgendwann in einer der nächsten Staffeln, Episoden später, wird er das Bewusstsein wiedererlangen, was Ärger und Stress für Luther bedeutet. Aber, keine Panik! Es findet sich eine Lösung. Überlegt mal …

Luther benimmt sich wie ein Besessener, wenn es um Gerechtigkeit geht und er seine ganz eigenen Vorstellungen von Gerechtigkeit umsetzt. Mit der eben geschilderten Aktion beginnt die TV-Serie und es geht auf gleichem Niveau und mit Tempo so weiter.

Ich habe den Roman, ein Vorläufer zur TV-Serie, erst kürzlich gelesen. (Der Roman erzählt den Fall des “Mannes” und diverser Verbrechen von ihm und in seinem Umfeld, die schließlich zum Ende des Buches zu der wilden Verfolgungsjagd in der Fabrik führen.)

Die TV-Serie hingegen stand all die Jahre auf meiner Merkliste. So habe ich von Jahr zu Jahr verfolgt, wie sich Luther immer tiefer in Gewalt und Dunkelheit verliert. Vor allem, wenn man die Serie von Anfang bis Ende ohne Unterbrechung konsumiert (aka Binge-Watching), einschließlich der aktuellen Staffel, kann man Luthers langsames Abrutschen in den Abgrund gut nachvollziehen.

Ehrlich gesagt, Luther wandelt auf einem schmalen Grat zwischen Verbrechen und Strafverfolgung. Mehr als einmal stolpert er und sieht sich gezwungen, um sein Leben und seinen Ruf zu kämpfen, obwohl eigentlich alles, was er will, Gerechtigkeit ist, also die bösen Jungs einsperren und die Schlüssel wegwerfen.

Luther ist intelligent und erfahren. Gleichzeitig ist er in seinem Job und auch im Privaten viel zu spontan und jähzornig. Seine Ehe mit einer schönen, unabhängigen Frau, einer Anwältin, steht wegen seiner unberechenbaren Ausbrüche auf der Kippe. Luther ist eher mit seinem Job und seiner Mission verheirate als mit seiner Frau. (In dem Roman, dem Vorläufer zur TV-Serie, wird auch geschildert, wie es in der Ehe steht.) Es kommt schließlich zur Trennung und seine Frau versucht, ihr Leben mit einem anderen Partner neu zu beginnen. Luther ist darüber nicht erfreut und versucht vergeblich, die Zeit zurückzudrehen.

Bevor wir uns mit dem Schicksal von Luthers Frau beschäftigen, sollten wir einen Blick auf die Polizei und ihre Rolle an sich werfen. Luther ist kein Einzelgänger – es gibt Kollegen, es gibt ein Team. Während Luther bei der Verfolgung von Spuren vor nichts zurückschreckt, gilt das auch für seine Kollegen, allerdings schon eingeschränkt, stark eingeschränkt. Das Team arbeitet vor allem an Mordfällen, an fürchterlichen Mordfällen, jagt Psychopathen und kaltblütige Profikriminelle. (Fast immer in den dunklen und zwielichtigen Gegenden Londons … verlassenen Vierteln …)

Mitglieder des Teams werden entführt und verletzt, andere nutzen jede sich bietende Gelegenheit, die Hand aufzuhalten. Niemand ist unschuldig bzw. bleibt unschuldig, wenn er mit Luther zusammenarbeitet. Eine ganz besonders schlimme Affaire betrifft einen von Luthers besten Freunden (… und Luthers Frau wird inmitten von diesem Korruptionsschlamassel getötet).

Kommen wir zurück zu Luther und seiner Art, seinen Job zu erfüllen. Er bricht mehr oder weniger das Gesetz, wenn er es für nötig hält, um in einer Ermittlung voranzukommen. (Es ist in der TV-Serie immer ein großes, wildes Durcheinander!) Er deckt immer sein Team. All diese Handlungen haben ihre Konsequenzen: Luther wird anfällig für Erpressungen. Er kann sich kaum wehren, ohne seinen eigenen Taten zu offenbaren; es geht ihm nahe, wenn er gezwungen wird, einem aalglatten Bandenchef geheime Ermittlungsdetails zu offenbaren – abgesehen davon, dass es ihn wieder ein wenig näher an den Abgrund bringt. Aber … mit Sicherheit wird Luther immer zurückschlagen!

… und gibt es Alice. Wer ist Alice? Einer von Luthers ersten Fällen nach seiner Begegnung mit dem Mann, der im Koma liegt, ist die Ermordung eines Ehepaares auf einem bildschönen Anwesen; die Familie ist offensichtlich wohlhabend. Alice, die Tochter, eine hochintelligente junge Frau mit Universitätsabschluss in Naturwissenschaften, überlebt wie durch Zufall und scheint ein Opfer zu sein. Natürlich ist sie nicht das Opfer, sondern der Auslöser der Katastrophe …

Luther erkennt die Wahrheit recht schnell, aber es gibt keine Beweise. Auf der anderen Seite scheint Alice sich in Luther zu verlieben und so entwickelt sich eine der interessantesten und verheerendsten Beziehungen, die man sich vorstellen kann. Alice ist rücksichtslos, was ihre eigene Sicherheit und auch Luthers Zukunft angeht. Sie tötet kaltblütig. Schließlich stirbt sie … zumindest scheint es so.

Am Ende der letzten Staffel muss sich Luther einer Untersuchung stellen. Es wird eine gründliche Untersuchung sein, weil die aktuelle Ermittlung schief gelaufen ist und es viele Tote gibt, an denen auch Luther seine Schuld trägt.

Lassen wir uns überraschen … eine Fortsetzung?

Es gibt keine nächste Staffel, sondern einen Film – und ehrlich gesagt, bin ich von diesem Film nicht begeistert. Es fängt gut an, aber dann geht es bergab … steil bergab – selbst für Luther und seine Historie der Gewalt ist es jenseits aller vorstellbaren Verbrechen. Wie schade!

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a faint cold fear thrills through my veins ... william shakespeare