kurt wallander und die dunkelheit

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Seit über dreißig Jahren war er schon Polizist. Vom Streifenpolizisten in den Straßen von Malmö war er zum erfahrenen und respektierten Kriminalbeamten aufgestiegen, dem bei vielen schwierigen Verbrechensermittlungen das Glück zur Seite gestanden hatte. Auch wenn er mit seinem Privatleben nicht zufrieden war, konnte er auf jeden Fall als Polizist zufrieden sein. er hatte sene Arbeit getan und vielleicht dazu beigetragen, dass die Bürger sich sicherer fühlten konnten. …
Er dachte plötzlich daran, wie sich alles in den vielen Jahren, seit er Polizist geworden war, verändert hatte. Als er angefangen hatte, Streife zu gehen, gab es große Unterschiede zwischen dem, was in einer Stadt wie Malmö, und dem, was in Kleinstädten wie Ystad passierte. Diese Unterschiede gab es kaum noch. …
Er stand auf, nahm seine Jacke, die er über den Besucherstuhl geworfen hatte, knipste das Licht aus und verließ das Zimmer. Seine Gedanken und unbeantworteten Fragen blieben darin zurück. Durch die dunklen Straßen fuhr er nach Hause. Auf dem Asphalt glänzte der Regen. Sein Kopf war plötzlich vollkommen leer.

aus: Mord im Herbst

Ein Leben, um die Dunkelheit zu ergünden

Scandic Noir ist ein Genre, das durch die Romane von Maj Sjöwall und Per Wahlöö über Martin Beck aus Stockholm in den 60er Jahren begründet wurde. Etwas später begann Henning Mankell seine Serie über Kurt Wallander aus Ystad an Schwedens Südküste, die noch gewalttätiger und extrem düster ist. Beide Serien werden oft als Ursprung des Genres angesehen.

Ich bin mir sicher, dass ich nicht alles über die Entwicklung dieses Genres in den letzten Jahrzehnten mitbekommen habe – es gibt eine ganze Reihe von Autoren, die tief in Arten der Kriminalität und soziale Strukturen der Gesellschaft eintauchen, vor allem in die untersten Schichten, um das spezifische dunkle Umfeld der Menschen und des sozialen Miteinanders anzuprangern. Wallander ist hier eine der faszinierendsten Figuren und ein Prototyp für das deprimierende Berufsleben eines engagierten Ermittlers.

Die Romane decken einen großen Teil von Wallanders Leben ab. Man wird nicht nur mit Verbrechen aller Schattierungen konfrontiert, sondern auch mit Wallanders persönlichem Schicksal. Er ist verheiratet und hat eine Tochter. Dann kommt eine Scheidung. Die Beziehung zu seiner Tochter ist schwierig, wenn nicht sogar teilweise miserabel, aber später lernen sie, miteinander auszukommen. Seine Tochter wird schließlich auch Polizistin und heiratet … und es gibt ein Enkelkind.

Wallander erlebt mehrere, eher kurzfristige Beziehungen mit Frauen. Es gelingt ihm nicht, eine feste neue Lebensgemeinschaft aufzubauen. Zum Teil liegt es daran, dass er zu viel Alkohol konsumiert, wenn er mit beklemmenden Fällen konfrontiert wird, zum Teil liegt es daran, dass er sich einsam fühlt. Er erkrankt an Diabetes, später befindet er sich im Anfangsstadium von Alzheimer – so muss er schließlich seinen Job aufgeben.

Auch sein Vater litt an Alzheimer. Erst spät im Leben kam er wieder mit seinem Sohn zusammen, den er nie ganz akzeptiert hat, wie es scheint, weil er Polizist wurde. Wallander begräbt ihn schließlich, nur kurze Zeit bevor er erste Anzeichen der Krankheit spürt.

Ist Wallander ein glücklicher Mann?
Es scheint nicht so. Sein Privatleben hat manchmal glückliche Momente, zumindest Zeichen der Zufriedenheit. Sein Berufsleben wird jedoch immer wieder von seinen dramatischen Fällen überschattet.

Wallander ist ein Mensch wie jeder andere; er ist kein Held oder Draufgänger. Er begegnet Mördern und noch schrecklicheren Verbrechern, Opfern und Tätern, unschuldigen – oder nicht so unschuldigen – Beteiligten. Sie alle kreuzen täglich seinen Weg und hinterlassen ihre Spuren.

Wallander ist fest entschlossen, seine Fälle zu lösen, selbst wenn er sich den dunklen Abgründen im Gehirn der Mörder und ihrer Opfer nähern muss. Das lässt ihn nicht unbeeinflusst, vor allem, wenn es um Menschenhandel, Prostitution, organisierten Drogenschmuggel und Missbrauch geht. Manchmal findet er sogar versteckte Hinweise auf Kollegen aus dem Polizeiapparat.

Wallanders Fälle scheinen manchmal trivial, sind aber immer extrem gewalttätig. Er lebt nicht in einer lieblichen Küstenlandschaft, sondern in einer Region, in der sich unter der scheinbar ruhigen und einsamen Bilderbuchoberfläche jede Menge Verbrechen verbergen.

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a faint cold fear thrills through my veins ... william shakespeare