frau dr. dorothea lehberger, kriminaloberrätin

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Quelle: pixabay

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Morgen, die Herrschaften,
Mein Team besteht nun mal aus ausgeprägten Individualisten. Ich habe die IEK ins Leben gerufen, eine interdisziplinäre Ermittlungskommission. Sie vereinigt ausgewiesene Spezialisten verschiedener Fachgebiete unter einem Dach. Kriminalkommissare, forensische Rechtsmediziner und Kriminaltechniker arbeiten hier zusammen. Das ist etwas Besonderes, genau wie unsere Fälle – unentdeckt gebliebene Verbrechen.

Dorothea Lehberger in  „Der verlorene Sohn”

Morning, everyone,
My team is made up of strong individualists. I have set up the IEK, an interdisciplinary investigation commission. It brings together proven specialists from various fields under one roof. Detective inspectors, forensic pathologists and forensic technicians work together here. That’s something special, just like our cases – undiscovered crimes.

Dorothea Lehberger in “Der verlorene Sohn”
(my own translation)

Auch wenn die Knochen noch so alt …

Berlin. Eine Stadt mit viel Geschichte und vielen Geheimnissen. In den Jahren nach dem 2. Weltkrieg war es alles andere als ruhig in der geteilten Stadt – und nach der Wiedervereinigung wuchs eine neue Metropole zusammen, in der es immer hoch herging (oder vielleicht eher manchmal drunter und drüber!). Immer wieder gab es Todesfälle: geplante Morde, Totschlag, Unfälle, dumme Zufälle mit Kollateralschaden… Was liegt näher als die Toten einfach verschwinden zu lassen und so weiterzuleben, als ob nichts passiert wäre?

Oft geht es jahrelang oder sogar jahrzehntelang gut, aber dann… dann baggert auf einmal ein Bagger auf einem Abrissgrundstück herum, dann soll auf einmal ein Haus renoviert werden und eine eingerissene Wand enthüllt schreckliche Geheimnisse, im Kofferraum eines Autowracks versunken im Schlamm der Spree finden sich Knochen, in einem Keller wird irgendwo ganz hinten vergraben unter… Tote mögen verwesen, zu Mumien werden, zu Gerippen – aber ein paar menschliche Überreste bleiben immer erhalten.

Hier beginnt die Arbeit der IEK: die Überreste werden geborgen, untersucht, identifiziert… Familie und Freunde werden kontaktiert, der Todeszeitpunkt wird bestimmt, die Vorgänge am Todestag werden rekonstruiert und schließlich findet sich der Übeltäter. So einfach ist das – oder aber auch nicht!

Ich möchte hier mal ansetzen. Jede Folge beginnt mit einem Rückblick auf das Jahr und die aktuellen Ereignisse zum Todeszeitpunkt. (Es sind meist Ausschnitte aus der „Tagesschau“ oder „heute“ oder einem anderen Nachrichtenmagazin.) Ich finde das ganz interessant – und da kommen mit einem Mal Erinnerungen hoch (zumindest bei mir!)!

Wir werden zurückversetzt in die Hippie-Ära der 70er Jahre, wir erleben wie russische Panzer am 17. Juni 1953 durch Ostberlin rollen, wir nehmen an der Eröffnung des neuen Berliner Hauptbahnhofs im Mai 2006 teil, wir hören die Übertragung des WM-Endspiels 1990, wir erleben noch einmal die Demos zum §218, wir werden Zeuge der Straßenschlachten mit den Hausbesetzern zu Begin der 80er Jahre… Alles wirkt irgendwie bekannt und gleichzeitig befremdlich. Jeder Fall des IEK-Teams wird dadurch jedoch sehr speziell und konkret mit unserer Vergangenheit verknüpft.

Und woran erinnert uns diese Serie noch?
Bei den wissenschaftlichen Untersuchungen der Leichen und sonstigen Funde denken wir natürlich sofort an CSI – wenn auch auf deutschem Niveau. Aber eigentlich… es geht immer um Leichenfunde, die schon lange darauf warten, untersucht zu werden, identifiziert zu werden – d. h. wir sind eigentlich bei „Bones“ – in einer deutschen Variante.

Dr. Dorothea Lehberger im Range einer Kriminaloberrätin beim LKA Berlin leitet das Team – sie ist definitiv der Boss! (Und sie ist in allen Folgen bzw. Staffeln aktiv…) Sie mischt sich selten in die aktuelle Arbeit ein, weiß aber immer Bescheid und Rat bei allen Sachzwängen – und sie hat ein Skelett im Schrank, das auf einmal ganz fürchterlich zu klappern beginnt und fast ihre Karriere zerstört. Als Teenager wurde Lehberger als undercover-Informantin angeworben, um eine RAF-Zelle (oder zumindest eine der RAF nahestehende Zelle) zu unterwandern. Es ging schief, es gab ein Attentat und es gab Tote; Lehbergers Rolle wurde offiziell von den Behörden nie dokumentiert. Dann taucht auf einmal ein verräterisches Foto auf, das Lehberger zu jener Zeit mit mutmaßlichen Terroristen zeigt… Eine Staatsanwältin will daraus Kapital für ihre Karriere schlagen und schon… Nun – am Ende nimmt Lehberger – nach einigen internen Schachzügen und kleinen Erpressungen – wieder an ihrem Schreibtisch Platz.

Das Team, in dem es immer mal wieder Fluktuationen auf jeder Ebene gibt, besteht aus einem klassischen Kriminalhauptkommissar, der für Ermittlungen und Zeugenbefragungen zuständig ist, und einem weiteren Kriminalkommissar, der IT-Crack, der einfach alles an Daten suchen und finden kann, was gerade benötigt wird. (Ich fand es schon erstaunlich, dass Unterlagen z. B. aus den 50er und 60er Jahren offensichtlich in Berlin bereits voll digitalisiert wurden und per Mausclick verfügbar sind.)

Daneben gibt es eine Rechtsmedizinerin nebst Assistenten, die minutiös die Leichen bzw. Leichenreste analysieren. Zum Schluss haben wir noch die Kriminaltechnik, repräsentiert durch nur eine Mitarbeiterin, die Analyse und Recherche auf sehr hohem Niveau betreibt – und z. B. sagen kann, dass ein bestimmter Stofffetzen von einem ganz speziellen Tuch stammt, dass in Ägypten handgefertigt wird und nur von ausgesuchten Importeuren nach Berlin eingeführt wird.

…und zwischendrin gibt auch die eine oder andere zwischenmenschliche Begegnung. Im Hintergrund der einzelnen Fälle werden das Sozialleben bzw. die Krisen des Teams geschildert – Vorkommnisse und Ereignisse, die sich immer über mehrere Episoden hinweg erstrecken. Ein ganz spezieller Fall ist dabei die Geschichte der Rechtsmedizinerin Dr. Katrin Stoll, die nach mehr als 20 Jahren die Entführung und den Tod ihres Bruders aufklären kann – was zuerst für sie eine Erlösung bedeutet, aber dann ganz plötzlich zu einem Alptraum wird.

Also – wer „Bones“ kennt, wird hier schon ein paar Parallelen erkennen!

Insgesamt gesehen ist die Serie vor allem interessant, weil es immer dieses spezifische Abtauchen in unsere eigene Vergangenheit und neuere Geschichte gibt. (Hier liegt ein großer Unterschied zu „Bones“!) Es ist „deutsche“ Nostalgie, verpackt in einen Kriminalfall – und die Fälle sind durchaus spannend, gerade weil sie in Berlin spielen, wo aus zwei Städten – immer noch – eine Megalopis zusammenwächst und Kulturen aufeinanderprallen.

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a faint cold fear thrills through my veins ... william shakespeare