madame le commissaire isabelle bonnet

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In Fragolin wollte sie wieder zu sich selbst finden, wollte sie an Leib und Seele genesen und herausfinden, wie es im Leben weitergehen sollte.

aus: Madame le Commissaire und der verschwundene Engländer

Vom Leben und Sterben in der Provence

Isabelle Bonnet, Mitte 40 und alleinstehend, fährt in ein kleines, verschlafenes Dorf im Hinterland der Côte d’Azur: hier hat sie ihre frühe Kindheit bis zum Unfalltod ihrer Eltern verbracht. Die elegante Côte d’Azur, wo sich die Reichen und die Touristen tummeln, ist weit entfernt; von hier erscheint das Meer höchstens wie ein schmaler, blauer Strich am fernen Horizont … So ähnlich wie auf dem Titelbild könnte sich der Weg zu dem abgelegenen, einsamen Sandstrand entlangschlängeln, wo Isabelle so gern schwimmen geht und Sonnenbäder nimmt … Die Sonne scheint, die Luft flirrt vor Hitze … Alles wird ein wenig unscharf … Um es gleich festzuhalten: alle Romane spielen bisher im Sommer!

Im fiktionalen Fragolin scheint die Zeit stehengeblieben zu sein: da gibt es ein kleines Hotel, eine kleine Pension, eine Boulangerie-Pâtisserie, eine Metzgerei, ein Café, ein Bistro … Vor dem Hôtel de ville spielen die männlichen Einwohner Boule … (Später darf auch Isabelle mitspielen!) Der kleine Seifen- und Souvenirladen für die wenigen Touristen, die sich nach Fragolin verirren, wird von Clodine, einer Schulfreundin aus Isabelles Kindheit, betrieben … Der Geruch von Lavendel und Rosmarin hängt immer und überall in der Luft … eine schöne, kleine, pittoreske Idylle!

So dramatisch und geheimnisvoll könnte auch ein Liebesroman beginnen, aber wir haben es hier mit Kriminalromanen zu tun: Isabelle Bonnet ist Chefin einer streng geheimen Anti-Terror-Einheit mit Sitz in Paris, die den Präsidenten von Frankreich beschützt. Vor 97 Tagen und 6 Stunden (nach ihrer eigenen Aussage gleich zu Beginn des ersten Romans) ist sie bei einem Sprengstoffattentat am Arc de Triomphe schwer verletzt worden. Die angebotene Frühpensionierung hat sie zwar ausgeschlagen, aber einer Auszeit hat sie schließlich zugestimmt, um sich in Südfrankreich von den Folgen ihrer Verletzungen (Schmerzen im Rücken und im linken Bein, Kopfschmerzen, Schuldgefühle, Schwindelanfälle, Panikattacken, Alpträume …) zu erholen – und über ihre Zukunft nachzudenken.

Ganz so beschaulich, wie Isabelle es sich vorgestellt hat, wird es aber nicht: Schon am zweiten Tag ihres Aufenthalts bekommt sie einen Anruf von Maurice Balancourt, ihrem allmächtigen Boss bei der Pariser Police nationale: Ein Mordfall im beschaulichen Fragolin soll von der lokalen Gendarmerie an die Police nationale übergeben werden … und da gerade kein Kollege vor Ort ist, schlägt Maurice vor, Isabelle kurzfristig zu Madame le Commissaire zu degradieren, damit sie die Ermittlungen aufnehmen kann … so ganz nebenbei … damit es ihr nicht langweilig wird … (Maurice verfolgt natürlich recht offen das Ziel, Isabelle so schnell wie möglich nach Paris auf ihren alten Posten zurückzuholen.)

Also stürzt sich Isabelle in die Ermittlungen und gerät sofort in Konflikt mit der Gendarmerie; solche Konflikte sind übrigens in Frankreich-Krimis an der Tagesordnung. Na ja: Isabelle lässt es schon etwas langsamer angehen, gönnt sich ein bisschen Zeit für sich, schläft morgens aus, genießt zum Frühstück in Ruhe ihr Croissant und ihren Café au lait, geht spazieren, relaxt in der Sonne … aber dann nimmt der Fall überraschend Fahrt auf.

Neben dem Fall und ihren Unfallfolgen kämpft Isabelle auch noch mit den Schatten der Vergangenheit. Ihre Eltern sind mit ihrem Wagen verunglückt, als Isabelle noch klein war. Isabelle war die einzige, die den Unfall überlebte und anschließend von ihrer Großmutter in Lyon erzogen wurde. In Fragolin frischt Isabelle ihre Kindheitserinnerungen auf, schließt neue Freundschaften und erneuert alte Bekanntschaften … und beschäftigt sich mit dem angeblichen Unfalltod ihrer Eltern. Ihr Vater, damals Bürgermeister von Fragolin, hat gegen eine Neuansiedlung von Feriendomizilen in einem Naturschutzgebiet gekämpft. Isabelle beginnt, Fragen zu stellen …

Zurück zu ihrem ersten Einsatz: Es beginnt in einer Ferienvilla mit einer toten jungen Frau und einem verschwundenen Engländer, der die Villa gemietet hat. Die Gendarmerie hat ganz brav alles protokolliert, ein wenig ermittelt und sucht nun nach dem Engländer, der aus ihrer Sicht offensichtlich die junge Frau ermordet hat … und da kommt Isabelle und macht sich unbeliebt (s. meine Anmerkung zum Verhältnis Police nationale und Gendarmerie) – was sie selbst allerdings nicht weiter stört. Als Leiterin einer Anti-Terror-Einheit hat sie in den langen Jahren ihrer Karriere ein sehr gesundes Selbstbewusstsein entwickelt.

Isabelle ermittelt auf ihre Weise: sie achtet auf Kleinigkeiten, zieht Schlüsse, verinnerlicht Aussagen und Details, plausibilisiert – und hat Erfolg! Sie löst nicht nur den Fall, sondern bringt auch Licht ins Dunkel des Verkehrsunfalls, bei dem ihre Eltern gestorben sind.

Zum Ende hin wird ihr klar, dass sie vorerst nicht nach Paris zurückkehren möchte, sondern ihren vorläufigen Job in Fragolin mit der Spezialaufgabe Cold Cases weiterführen wird (Maurice hat einmal wieder in Paris die notwendigen Strippen gezogen!). Es ist ein Neuanfang und eine Herausforderung, um auch wieder das Leben (la dolce vita auf französisch) genießen zu lernen und die Folgen des Attentats hinter sich zu lassen.

Das Attentat: Isabelles Grand-Croix de la Légion d’Honneurs liegt immer noch irgendwo zwischen ihren Sachen – versteckt; sie schämt sich, denn sie glaubt, dass sie ihr Team beim Attentat im Stich gelassen hat und am Tod einiger Kollegen Schuld trägt. Das Attentat ist zu einer Wende in ihrem Leben geworden.

Isabelle hat eine ganze Menge Arbeit; in den Büchern der Serie geht es um viele Delikte von (natürlich!) Mord und mehrfachem Mord über Korruption, Erpressung und Überfälle, über Kindesmissbrauch und Infiltration des Zeugenschutzprogramm bis hin zu Entführung, Kunstfälschungen … Es kommt immer wieder etwas Neues!

Ein paar Fälle sind echte Cold Cases, was Isabelle bei der lokalen Gendarmerie und der lokalen Police nationale in Toulon nicht gerade beliebter macht, aber Isabelle behauptet sich. Einige Fälle kommen direkt aus Paris via Maurice zu Isabelle; Maurice hat immer noch die Hoffnung, dass Isabelle wieder in ihr altes Leben zurückkehren wird. Ja – dann sind da auch noch aktuelle Fälle, die eigentlich nicht in Isabelles Verantwortungsbereich fallen … (wieder Ärger mit der Police nationale!).

Apropos Maurice:
Maurice erinnert mich stark an einen anderen Mächtigen aus Paris, der in einer Krimiserie auftritt, die auch in Südfrankreich – im Périgord – spielt. Da gibt es einen Chef de Police, mit Namen Bruno, der immer wieder auf seinen Deus ex machina aus Paris zählen kann …

Ist Isabelle eine Einzelkämpferin?
Nein: sie hat einen Assistenten – Sous-Brigadier Jacobert Apollinaire Eustache.

Isabelles Intimfeind – der Chef des Kommissariats der Police national in Toulon – hat ihn widerwillig auf Anordnung von Maurice abkommandiert, als Isabelle Unterstützung braucht … einen aus seiner Sicht etwas beschränkten Polizisten, der allenfalls dazu gut ist, Akten im Archiv zu sortieren. Dumm gelaufen!

Auch wenn Apollinaire vom Äusseren her wie eine Witzfigur wirkt, ist er mit einem eidetischen Gedächtnis ausgestattet, ein begnadeter Computerspezialist, ein genialer Administrator im Verwaltungsdschungel mit einzigartigem Organisationstalent … und noch vieles mehr. Apollinaire ist glücklich, der Arbeit im Archiv in Toulon entronnen zu sein, verehrt Isabelle – und verliebt sich … (nicht in Isabelle!). Maurice klärt im zweiten Roman der Serie, dass Apollinaire permanent in Isabelles kleines Kommissariat nach Fragolin versetzt wird.

Action gibt es für Isabelle, die immer noch an den Spätfolgen des Attentat leidet, aber ihre Kampfausbildung nicht vergessen hat und wieder trainiert, mehr als genug: sie wird als Geisel genommen, in einem Keller eingesperrt, wo sie beinahe verhungert und verdurstet, sie kämpft mit bezahlten Killern … aber sie überlebt (natürlich)!

Kommen wir mal zu Isabelles Liebesleben:
Sie sieht gut aus und ist fit. Sie war in Paris allein. Sie ist in Fragolin allein … Aber da gibt es die On-Off-Beziehung mit Thierry Blès, dem Bürgermeister. Da sind kurze Flirts … und dann ist da noch Rouven Mardrinac … ein Millionär, ein Gutmensch, ein Wohltäter, ein männliches Luxusgeschöpf, der Isabelle begehrt. Später kommt noch Nicolas hinzu, den alle in Fragolin für einen verkrachten Maler halten, aber der in Wirklichkeit ein renommierter internationaler Künstler ist.

Isabelle kann sich nicht entscheiden – sie liebt ihre Freiheit, wird aber immer älter – Thierry hat sie schon einmal allein gelassen und betrogen – kommt aber wieder zurück. Isabelle schwebt zwischen den Männern und versucht, eine moderne Ménage à trois zu etablieren. Es bleibt zuerst spannend: dann gibt es einen Todesfall … und schließlich?

Das Leben in der Provence ist schön. Die Sonne scheint, der Strand ist nah. Es wimmelt von faszinierenden Männern … (immer aus Sicht einer Frau!). Die Arbeit ist selbstbestimmt und interessant: Wer träumt nicht von so einem Leben? Also fahren wir im nächsten Urlaub nach Südfrankreich, legen uns am Stand oder auf der Dachterrasse in einen Liegestuhl und packen die Romane über Madame le Commissaire aus – neben uns ein Glas Vin rouge oder Vin rosé, auf dem Grill etwas Lammfleisch und ein paar Garnelen …

Die Verbrechen sind nicht total abgehoben: es geht um Rache, um Geldgier, um Eifersucht, um betrogene Ehemänner und korrupte Polizisten … Manchmal schiesst die Action übers Ziel hinaus – aber wenn das nicht der Fall wäre, dann wäre es doch langweilig, oder? Dennoch ist in den letzten zwei, drei Romanen ein gewisse Ermüdung spürbar … Die Fälle werden schräg … Ermittlungen schleppen sich dahin … Isabelle verliert ihren Esprit.

Also fangt am besten mit dem ersten Roman an und träumt von der Provence – ob im Urlaub oder zu Hause. Die lockere Mischung aus ein bisschen Action, ein bisschen Ermittlungsarbeit, modernem Beziehungsgeflecht und natürlich The Good Life wird Wirkung zeigen. Irgendwann wird es dann … was auch immer!

… und zum Schluss: Ein deutscher Autor steckt hinter den Romanen.

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a faint cold fear thrills through my veins ... william shakespeare